Das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung ist in höchster Gefahr. Davor warnt eindringlich die “Westminster Declaration”, unterzeichnet von 137 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Medien.
Das Recht, die eigene Meinung frei zu äußern und ungehindert zu verbreiten, ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Doch er wankt. Längst nicht mehr nur in totalitären Ländern wie Rotchina, weltweit arbeiten Regierungen, Behörden und Geheimdienste, internationale Organisationen wie UN, WHO und Weltwirtschaftsforum, Social-Media-Konzerne von Meta bis Google, Hochschulen und nichtstaatliche Akteure wie milliardenschwere Stiftungen darauf hin, Bürger zu überwachen und ihrer Stimme zu berauben, abweichende Standpunkte unter den Teppich zum kehren, Diskurs zu verhindern, Kritiker zu diffamieren und mundtot zu machen – unter dem Vorwand, uns vor „Fake News“ zu schützen.
Zu deren Hauptquellen zählen ausgerechnet jene, die am lautesten nach Zensur rufen. Dass es ihnen nicht um Wahrheit geht, sondern um ein Monopol aufs Rechthaben, beweisen sie, indem sie eine Information schon dann unterdrücken, wenn sie zwar stimmt, aber „schädlich“ sein könnte – schädlich für ihre Interessen. Die Corona-„Pandemie“ nutzten sie, um diese verhängnisvolle Entwicklung beschleunigt voranzutreiben. Vor ihren Auswüchsen warnt eindringlich die “Westminster Declaration”, unterzeichnet von 137 namhaften Persönlichkeiten: Journalisten, Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, politische Aktivisten. Ihr öffentlicher Appell ist so treffend, wegweisend und bedeutsam, dass KLARTEXT ihn in voller Länge wiedergibt – Zeile für Zeile spricht er für sich. Das englische Original finden Sie hier. Wie weit muss sich die westliche Welt bereits von ihren Idealen entfernt haben, dass solche Erklärungen überhaupt nötig sind? Was sagt es über die „neue Normalität“ aus, dass so gut wie alle Mainstream-Medien teils über diesen Text stillschweigend hinweggehen, teils dessen Autoren als „schwurbelnde Verschwörungstheoretiker“ verunglimpfen?
Immerhin, hier und da gibt es noch Hoffnungsschimmer. Am 8. September 2023 verhalf der Fifth Circuit of Appeals, ein Berufungsgericht für drei südliche US-Bundesstaaten, den “Schwurblern” zu einem unverhofften Sieg. Es entschied: Das Weiße Haus, das FBI und die CDC begingen Verfassungsbruch, indem sie Social-Media-Unternehmen ermutigten und zwangen, freie Meinungsäußerung zu verhindern. "Die Beamten haben eine breit angelegte Druckkampagne gestartet, um Social-Media-Unternehmen dazu zu zwingen, von der Regierung missbilligte Redner, Standpunkte und Inhalte zu unterdrücken", urteilte ein Gremium aus drei Richtern im Fall Missouri gegen US-Präsident Joe Biden. "Der Schaden, der von diesem Verhalten ausgeht, geht weit über die Kläger hinaus und betrifft jeden Social-Media-Nutzer". In seiner Stellungnahme zeichnet das Gericht die Bemühungen von Bundesbehörden nach, Kritiker der Covid-Politik des Weißen Hauses zum Schweigen zu bringen und den Amerikanern das Recht zu verweigern, andere Standpunkte zu hören - Bemühungen, die sie als "unverhältnismäßigen Druck" beschreiben, der offenbar "das beabsichtigte Ergebnis hatte, Millionen geschützter freier Meinungsäußerungen amerikanischer Bürger zu unterdrücken". Der Fifth Circuit hat eine einstweilige Verfügung erlassen, die es der Biden-Administration untersagt, Maßnahmen zu ergreifen, "um Social-Media-Unternehmen zu zwingen oder erheblich zu ermutigen, gepostete Social-Media-Inhalte, die geschützte freie Meinungsäußerungen enthalten, zu entfernen, zu löschen, zu unterdrücken oder einzuschränken, auch durch Änderung ihrer Algorithmen".
Wo bleibt in einer derart dramatischen Verfassungskrise eine ähnlich selbstbewusste Dritte Gewalt in Europa – in Karlsruhe und Den Haag beispielsweise?
Die Westminster-Deklaration
"Wir schreiben als Journalisten, Künstler, Autoren, Aktivisten, Technologen und Akademiker, um vor der zunehmenden internationalen Zensur zu warnen, die jahrhundertealte Normen der Demokratie zu untergraben droht.
Wir kommen von links, von rechts und aus der Mitte. Wir sind vereint durch unser Engagement für die universellen Menschenrechte und die Meinungsfreiheit, und wir sind alle auf das tiefste besorgt über die Versuche, freie Meinungsäußerungen als „Fehlinformation“, „Desinformation“ und andere schlecht definierte Begriffe abzuwerten.
Der Missbrauch dieser Begriffe hat in Ländern auf der ganzen Welt zur Zensur von einfachen Menschen, Journalisten und Dissidenten geführt.
Derartige Eingriffe in das Recht auf freie Meinungsäußerung unterdrücken berechtigte Diskussionen über Angelegenheiten von dringendem öffentlichen Interesse und untergraben die Grundprinzipien der repräsentativen Demokratie.
Überall auf der Welt arbeiten staatliche Akteure, Social-Media-Unternehmem, Hochschulen und Nicht-Regierungsorganisationen in wachsendem Ausmaß daran, die Bürger zu überwachen und sie ihrer Stimme zu berauben. Diese groß angelegten koordinierten Bemühungen werden manchmal als „industrieller Zensurkomplex“ bezeichnet.
Es gibt auch einen klaren und soliden internationalen Schutz für die freie Meinungsäußerung. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) wurde 1948 als Reaktion auf die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs verfasst. In Artikel 19 der AEMR heißt es: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert zu äußern sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ Es mag zwar notwendig sein, dass Regierungen einige Aspekte der sozialen Medien regulieren, wie etwa durch Altersbeschränkungen. Aber diese Regelungen sollten niemals das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung verletzen.
Wie in Artikel 19 klargestellt wird, ist das Recht auf freie Meinungsäußerung mit dem Recht auf Information verknüpft. In einer Demokratie hat niemand ein Monopol auf das, was als wahr gilt. Vielmehr muss die Wahrheit durch Dialog und Diskussion herausgefunden werden – und wir können die Wahrheit nicht herausfinden, ohne die Möglichkeit eines Irrtums zuzulassen.
Zensur im Namen des „Schutzes der Demokratie“ stellt das System der Repräsentation, das ein System von unten nach oben sein sollte, auf den Kopf – und verwandelt es in ein System der ideologischen Kontrolle von oben nach unten. Diese Zensur ist letztlich kontraproduktiv: Sie sät Misstrauen, fördert die Radikalisierung und entlegitimiert den demokratischen Prozess.
In der Geschichte der Menschheit waren Angriffe auf die Meinungsfreiheit immer ein Vorläufer für Angriffe auf alle anderen Freiheitsrechte. Regime, welche die freie Meinungsäußerung untergraben haben, haben immer unweigerlich auch andere zentrale demokratische Strukturen geschwächt und beschädigt. Auf dieselbe Weise untergraben die Eliten, die heute auf Zensur drängen, auch die Demokratie. Was sich jedoch geändert hat, sind das Ausmaß und die technischen Mittel, mit denen heute die Zensur ausgeübt werden kann.
Wir sind der Meinung, dass die freie Meinungsäußerung unerlässlich ist, um unsere Sicherheit vor staatlichem Machtmissbrauch zu gewährleisten – ein Missbrauch, der in der Vergangenheit eine weitaus größere Bedrohung darstellte als die Worte einzelner Personen oder sogar organisierter Gruppen. Um des Wohlergehens und der Entfaltung der Menschheit willen rufen wir zu den folgenden drei Maßnahmen auf.
Wir fordern die Regierungen und die internationalen Organisationen auf, ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen gerecht zu werden und Artikel 19 der AEMR einzuhalten.
Wir fordern die Technologieunternehmen auf, sich zu verpflichten, die digitale Öffentlichkeit im Sinne von Artikel 19 der AEMR zu schützen und auf politisch motivierte Zensur, die Zensur abweichender Stimmen und der Zensur politischer Meinungen zu verzichten.
Und schließlich rufen wir die breite Öffentlichkeit auf, sich uns im Kampf für die Wahrung der demokratischen Rechte des Volkes anzuschließen. Änderungen in der Gesetzgebung reichen nicht aus. Wir müssen auch von Grund auf eine Atmosphäre der freien Meinungsäußerung schaffen, indem wir das Klima der Intoleranz ablehnen, das zur Selbstzensur ermutigt und vielen unnötige persönliche Probleme bereitet. Anstelle von Angst und Dogmatismus müssen wir Nachfragen und Debatten zulassen.
Wir treten für Ihr Recht ein, Fragen zu stellen. Hitzige Debatten, auch wenn sie Unruhe stiften, sind weit besser als gar keine Debatten.
Zensur beraubt uns des Reichtums des Lebens selbst. Freie Meinungsäußerung ist die Grundlage für ein sinnvolles Leben und eine blühende Menschheit – durch Kunst, Poesie, Drama, Geschichten, Philosophie, Gesang und mehr.
Diese Erklärung ist das Ergebnis eines ersten Treffens von Verfechtern der Meinungsfreiheit aus der ganzen Welt, die Ende Juni 2023 in Westminster, London, zusammenkamen. Als Unterzeichner dieser Erklärung haben wir grundlegende politische und ideologische Meinungsverschiedenheiten. Doch nur wenn wir uns zusammenschließen, können wir die eindringenden Kräfte der Zensur besiegen, damit wir weiterhin offen diskutieren und uns gegenseitig herausfordern können. Im Geiste der Meinungsverschiedenheiten und der Debatte unterzeichnen wir die Westminster-Erklärung.“
*******
Bildnachweis “Censored”-Motiv: rawpixel.com/Freepik
Das pfiffige T-Shirt mit Biden-Ironie gibt´s hier.
Comments